Haitauchen in Südafrika: Interview mit einem Meeresbiologen

Haie sind (wenn man Hollywood glauben mag) gnadenlose Killermaschinen, die alles jagen und töten was sich in ihrer Nähe aufhält. Klar wissen die meisten, dass das absoluter Nonsens ist. Aber irgendwie halten sich manche Vorurteile doch sehr hartnäckig.

Einige Kampagnen für den Schutz der Haie nutzen den Slogan „Turn your fear into fascination“. Und genau das war der Grund, warum wir in Südafrika mehr über die beeindruckenden Tiere lernen wollten. Und wo könnten wir mehr über sie erfahren, als in der Hai-Hauptstadt Südafrikas? Gansbaai liegt an der berühmten Garden Route, rund 170 Kilometer von Kapstadt entfernt. Neben den Tauchorten Hout Bay, False Bay und der Gegend rund um Durban hast du hier die besten Chancen, einem Hai in freier Wildbahn zu begegnen. 

Immer wenn wir eine Aktivität mit Lebewesen planen, checken wir natürlich erstmal, ob diese sicher für die Tiere ist. Wir möchten die Haie nicht in ihrem natürlichen Lebensraum stören oder das Risiko für Verletzungen etc. erhöhen. Nachdem wir von der White Shark Diving Company zum Käfigtauchen in Gansbaai eingeladen worden sind (*Werbung, da Kooperation!), haben wir daher erstmal einige Fragen zum Tierschutz gehabt.

  • Wie gefährlich ist Haitauchen für die Tiere?
  • Kann sich ein Hai am Käfig verletzen? Oder sogar mit dem Kopf im Gitter steckenbleiben?
  • Ist es nicht unnatürlich die Tiere anzufüttern, damit sie ans Boot kommen?
  • Kann das Füttern nicht sogar dafür sorgen, dass sie Menschen mit Futter assoziieren?
  • Gab es in Gaansbai schon Unfälle beim Haitauchen?

Nach den Antworten waren wir nicht nur überzeugt, dass wir die Tour machen möchten. Wir bekamen auch die Zusage, dass ein Meeresbiologe uns nochmal im Interview die brennendsten Fragen aus der Community beantworten wird. Daher freuen wir uns sehr euch diesen Beitrag in Zusammenarbeit mit Paul (Meeresbiologe & Videographer der White Shark Diving Company) zu präsentieren! Er hat nicht nur jahrelange Erfahrung und kennt die Branche sehr gut, sondern setzt sich auch aktiv für den Tierschutz ein und sagt über sich, dass Haie seine große Liebe sind.

(*Werbung, da Kooperation!) Das Unternehmen gibt es seit mehr als 25 Jahren in der Hai-Hauptstadt Gansbaai an der Garden Route und setzt sich seit jeher für den Schutz der Haie ein. Daher wird nicht nur Käfigtauchen (in kleinen Gruppen mit Meeresbiologen an Bord) angeboten, um den Besuchern die faszinierenden Tiere näher zu bringen.

Dank der Zusammenarbeit mit der Stellenbosch University bildet die White Shark Diving Company zudem Meeresbiologen in ihrem eigenen „Shark and Marine Research Institute“ aus. Auch internationale Studierende können sich für das Programm bewerben und die Forschung unterstützen.

Wie viel kostet Haitauchen im Käfig? = Für Taucher sind es 2.200 Rand (circa 122€) und für Begleiter, die nicht tauchen möchten 1.900 Rand (circa 105€).

https://www.instagram.com/whitesharkco/

https://www.sharkcagediving.co.za

Käfigtauchen Kapstadt

Interview mit einem Meeresbiologen zum Thema „Käfigtauchen mit Haien“

Interviewer (hier: Axel): „Heute sind wir hier in Gansbaai an der Garden Route und waren soeben mit der White Shark Diving Company mit Haien tauchen. Was für ein unglaubliches Erlebnis! Jetzt im Anschluss dürfen wir unseren Guide, den Meeresbiologen Paul, interviewen. Paul, möchtest du dich kurz vorstellen?“

Experte (hier: Paul): „Hallo zusammen, mein Name ist Paul. Ich bin Tourguide und Videographer für die White Shark Diving Company hier nahe Kapstadt. Wir unternehmen seit knapp 25 Jahren Touren mit Käfigtauchen und ermöglichen Menschen aus aller Welt Haie aus nächster Nähe zu sehen.“

Gansbaai (Garden Route): Was erwartet mich beim Haitauchen in Südafrika?

„Warum sollte man gerade nach Gansbaai kommen, um Haie zu beobachten? Welche Arten gibt es hier?“

 „Es gibt zwei Hai-Arten, die wir normalerweise sehen können: einmal den berühmten Weißen Hai natürlich und die Bronzehaie. Gaansbai ist ein bekannter Tauchort für beide Arten, wobei wir seit einiger Zeit keine Weißen Haie mehr beobachten konnten.“ (Anmerkung: Orcas greifen aktuell vermehrt Weiße Haie an und vertreiben diese so aus ihrem natürlichen Lebensraum.)

„Was ist die beste Zeit, um in Südafrika Haitauchen zu gehen? Gibt es quasi eine Hauptsaison?“

 „Nein, wir sehen diese zwei Hai-Arten tatsächlich das ganze Jahr über.“

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Bronezhaie und der Weiße Hai: Wie unterscheiden sich die beiden Hai-Arten?

„Wie kann man diese beiden Arten denn als Laie vom Aussehen her unterscheiden?“

  „Im Durchschnitt sind beide Hai-Arten gleich lang, der Unterschied liegt daher in der Masse. Die Weißen Haie sind breiter und sehen generell massiger aus. Der Bronzehai ist eher stromlinienförmig.“

„Gibt es weitere Unterschiede? Zum Beispiel im Verhalten, wenn man ihnen im Wasser begegnet?“

 „Der Weiße Hai neigt zum Einzelgängertum und taucht nur manchmal in losen Gruppen von zwei oder drei Tieren auf. Im Gegensatz dazu ist der Bronzehai vorrangig in Gruppen unterwegs, gerade beim Jagen. Wenn man also einen Bronzehai unter Wasser sieht, kann man damit rechnen, dass noch weitere Haie in der Nähe sind.“

Wie unterscheiden sich Männchen & Weibchen bei den Haifischen?

„Wir haben heute 18 Individuen gesehen und du sagtest, es waren alles weibliche Haie?“

 “ Ja genau.“

„Wie kann man als Amateur denn Männchen und Weibchen am leichtesten unterscheiden?“

 „Das ist eine gute Frage! Man schaut sich den Bauch des Tieres in Richtung Schwanzflosse an. Bei den Bauchflossen eines Männchens sieht man zwei Anhängsel, die sogenannten Klasper. Die sind von außen gut sichtbar!“

„Wir haben einige Haie mit Wunden auf ihrem Rücken gesehen. Woher kommen die? Hat der Mensch damit zu tun?“

 „Nein, der Mensch trägt keine Schuld daran. Das sind Paarungswunden. Wenn sich Haie paaren, beißt das Männchen an dieser Stelle das Weibchen und hält sich mit den Zähnen fest. Nach der Paarung lässt das Männchen los und hinterlässt diese oberflächlichen Wunden.“

„Also müssen wir uns keine Sorgen um diese Verletzungen machen?“

 „Nein, das sind wie gesagt ganz natürliche Verletzungen und weibliche Haie haben eine dickere Haut als die Männchen. Sie sind von Natur aus darauf ausgelegt, diese Bisse zu ertragen und die Wunden heilen daher sehr schnell. Es sieht also schlimmer aus, als es tatsächlich ist!“

Wie gefährlich ist Käfigtauchen für die Haie?

„Bestehen generell Gefahren beim Käfigtauchen für uns Taucher oder die Tiere?“

 „Nein, wir sind seit über 25 Jahren im Geschäft und haben noch nie einen Unfall erlebt. Bei allem was wir tun, kommt die Sicherheit sowohl der Taucher als auch der Haifische an oberster Stelle. Das ist uns sehr wichtig.“ (Anmerkung: Alle Anbieter in Südafrika müssen sich streng an die Vorschriften des South African Department of Forestry, Fisheries and the Environment (DFFE) halten. Viele Videos von Unfällen beim Käfigtauchen stammen aus Mexiko.)

„Wir haben gelesen, dass die Käfige für die Haie gefährlich werden und sie sich daran verletzen können. Stimmt das?“

 „Ja, diese Sorge hören wir oft. Ich kann euch aber garantieren, dass sowas in Gansbaai nicht passiert. Wir sind sehr verantwortungsbewusst und alle eingesetzten Käfige wurden von einem Ingenieur so gebaut, dass sie sicher für die Taucher und die Haie sind. Der bekannteste Vorfall, von dem auch ein vielgeklicktes Video auf YouTube berichtet, war auf Guadelupe. Dabei ist ein Haifisch in den Käfig geraten, weil der falsche Typ genutzt wurde. Das war nämlich ein sogenannter TV-Crew-Käfig (mit großen Öffnungen für die Kameras). Solche Käfige gibt es bei uns gar nicht. Die Haie können somit weder hineingelangen noch sich daran verletzen.“

„Ist es nicht gefährlich Haifische zu füttern, weil sie dann Menschen mit Futter assoziieren?“

 „Das ist ein sehr verbreiteter Irrglaube, der dem Haitauchen anhängt. Wir füttern die Haie nicht, wir benutzen Lachsstücke als Köder, die für den Hai keinen Nährwert besitzen und ihn nur anlocken. Die Stücke sind hauptsächlich Gräten und riechen intensiv, der Geruch lockt also die Haie an. Wir konditionieren die Tiere zudem nicht, weil es immer wechselnde Individuen sind. Man weiß auch nie, ob überhaupt Haie ans Boot kommen oder nicht. Das ist bei jedem Tauchgang anders.“

(Anmerkung: Die Meeresbiologen haben uns an Bord erklärt, dass die Haie aus Neugier das Boot umkreisen und kein Jagdverhalten zeigen. Zum Beispiel sind auch Actioncams sehr interessant für die Tiere, weil sie die elektrischen Felder wahrnehmen können.)

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Hollywood & Haie: Das Image einer hirnlosen Fressmaschine

„Wenn man einen Film mit Haien sieht, werden sie oft als Monster und gnadenlose Fressmaschinen gezeigt, die alles angreifen, was ihnen begegnet. Hollywood vermittelt dadurch, dass ein Hai dich tötet, sobald er die Chance dazu hat.“

 „Das ist eine absolut falsche Vorstellung von Haien. Hollywood und die mediale Darstellung allgemein haben den Tieren leider keinen Gefallen getan.“

„Also ist „Der Weiße Hai“ (*Film) nicht real?“

 „Haha, nein ist er definitiv nicht! Aber das ist eines unserer Ziele, die wir verfolgen und ein wichtiger Grund, warum wir Käfigtauchen anbieten. Wir wollen den Menschen zeigen, wie Haie wirklich sind. Sie sind schöne, aber missverstandene Tiere und brauchen alle Hilfe und allen Schutz, den wir ihnen geben können.“

Was sind die größten Gefahren für Haie? Warum brauchen sie unseren Schutz?

 „Was sind die größten Gefahren für Haie?“

 „Die stärksten Bedrohungen für Haie sind alle von Menschen gemacht. Wir haben Schleppleinen-Fischer in den internationalen Gewässern vor der Küste, die die Tiere als Beifang fischen und die kleineren Hai-Arten sogar überfischen. Außerdem haben wir Hai-Barrieren, die Schwimmer und Surfer schützen sollen. Aber leider sind diese auch für den Tod von circa 30 Weißen Haien pro Jahr verantwortlich. Die Haifische sind also vom Menschen sehr ernst gefährdet.“

 „Warum sind Haifische relevant für die Gesundheit der Meere? Welchen Beitrag leisten sie konkret?“

 „Ein Ozean ohne Haie ist ein toter Ozean, denn sie spielen eine äußerst wichtige Rolle für das Ökosystem. Sie fressen die kranken, toten und sterbenden Tiere und halten die Populationen von Robben oder Fischen unter Kontrolle. Sie halten alles im Gleichgewicht, das ist ihre Aufgabe. Wenn diese Balance zerstört wird, ist der gesamte Ozean in ernsten Schwierigkeiten. Deswegen müssen Haie unbedingt geschützt werden.“

Tierschutz: Was tut die White Shark Diving Company konkret für die Haie?

„Was war euer letzter großer Erfolg im Kampf für den Schutz der Haie?“

 „Unser letzter Erfolg galt dem Schutz der Bronzehaie. Da haben wir durch sehr intensive Forschung unseres Marineinstitutes und der anderen Marinebiologen in der Gegend viel erreichen können. Denn bislang durften die Fischer diese Hai-Art unbegrenzt töten. Wir erzielten, dass zumindest Tiere ab 1.20 m nicht mehr erlegt werden dürfen.

Außerdem arbeiten wir intensiv am Projekt „Shark-Safe-Barrier“. Das ist ein System, das nach Fertigstellung die bisherigen Hai-Barrieren ablösen soll. Es imitiert einen schützenden Tangwald und hat außerdem starke Magnete eingebaut, die Haifische meiden. So können die Tiere ohne die Gefahr von Verletzungen davon abgehalten werden in ein bestimmtes Areal hinein zu schwimmen. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt, um die Haie langfristig zu schützen.“

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„Wir hatten eine wundervolle Zeit hier und sind um eine großartige Erfahrung reicher. Lieben Dank an dich und das Team. Und Dankeschön, dass du dir für das Interview Zeit genommen hast!“

 „Vielen Dank, dass ihr hier wart. Wir hoffen, ihr konntet Haie aus einem ganz neuen Blickwinkel kennenlernen.“

 

Hast du noch weitere Fragen an Paul? Schreib sie uns gerne in die Kommentare!

Axel & Sue

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